Vermieter insolvent – und nun? Tipps für Gewerbemieter

Der Vermieters Ihrer Gewerbeimmobilie ist insolvent, das Insolvenzverfahren wurde eröffnet? Dann fragen Sie sich als Mieter natürlich, was nun aus Ihrem Mietvertrag wird. Für Sie sind die Räumlichkeiten möglicherweise ja existenziell wichtig.

Vermieter insolvent – was wird aus dem Mietvertrag?

Wahrscheinlich gab es auch in Ihrem Fall schon lange vorher Spekulationen oder Verdachtsmomente. Dass der Vermieter tatsächlich nicht mehr zahlungsfähig beziehungsweise überschuldet ist, wird dann durch ein Schreiben des Insolvenzverwalters  zur Gewissheit.

Grundsätzlich ändert sich für Sie als Mieter einer Gewerbeimmobilie zunächst nichts dadurch, dass das Insolvenzverfahrens über das Vermögen Ihres Vermieters  eröffnet wird. § 108 Abs 1 Satz 1 InsO besagt: „Miet- und Pachtverhältnisse des Schuldners über unbewegliche Gegenstände oder Räume” bestehen auch in der Insolvenz des Vermieters fort. (Anmerkung 1: Fast immer, jedenfalls)

Personell gibt es allerdings eine Veränderung, da nun der Insolvenzverwalter in die rechtliche Position Ihres Vermieters eintritt.  Außerdem müssen Sie die Miete nicht mehr an den Vermieter, sondern an den Insolvenzverwalter überweisen. Über all das wird Sie der Insolvenzverwalter aber von sich aus informieren.

Was passiert mit Ihrer Kaution?

Wenn Sie beim Abschluss des Mietvertrages eine Mietkaution hinterlegt haben, dann haben Sie jetzt ein Recht auf Aussonderung. Das bedeutet, der Sie als Mieter den Betrag herausverlangen dürfen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Vermieter den Betrag so verwahrt hat, wie § 551 Absatz 3 Satz 3 BGB es vorsieht, dass er die Kaution also getrennt von seinem eigenen Vermögen auf einem Treuhandkonto angelegt hat.

Ärgerlich für Sie als Mieter ist es, wenn sich der Vermieter nicht an diese gesetzlichen Vorgaben gehalten hat und die Kaution z. B. auf das eigene Konto eingezahlt hat. Dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als Ihre Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Wenn Sie in diesem Fall überhaupt noch einen Teil des Geldes wiedersehen, dann vermutlich recht wenig. Die Insolvenzmasse reicht selten für mehr als eine – meistens kleine – „Quote“. (Anmerkung 2: Deshalb vorsorgen!)

Die Verwertung der Immobilien

Ist erst einmal das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vermieters eröffnet, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen auf den Insolvenzverwalter über. Er hat nun die Aufgabe, die Immobilie in Besitz zu nehmen und – gleich nach dem so genannten Berichtstermin mit den Gläubigern – mit ihrer Verwertung zu beginnen, sie also zu Geld zu machen. (Vorausgesetzt, die Gläubigerversammlung hat keine andere Vorgehensweise beschlossen.)

Grundsätzlich gibt es zwei Wege für die Verwertung: Der Insolvenzverwalter kann …

  • die Zwangsversteigerung in die Wege leiten ( §§ 172 ff i. V. m. §§ 15 ff ZVG), oder
  • die Immobilie „freihändig” verkaufen.

Freihändiger Verkauf

Beide Vorgehensweisen haben für den Insolvenzverwalter wie für den Schuldner Vorteile und Nachteile. In der Regel wird beim freihändigen Verkauf ein höherer Erlös erzielt. Deshalb wird der Gläubigerausschuss – wenn es einen gibt – vermutlich gern zustimmen. Dann sucht der Insolvenzverwalter auf dem Markt nach einem Käufer.

Klappt der Verkauf, haben Sie es als Mieter der Gewerbeimmobilie nun plötzlich mit einem neuen Vermieter zu tun. Mit der Eintragung in das Grundbuch geht das Eigentum auf den Erwerber über – damit tritt er in die Rolle des Vermieters ein und ist an den Mietvertrag gebunden.

Allerdings räumt  das Insolvenzrecht dem Käufer für solche Fälle ein wichtiges, zusätzliches Recht ein:  Er kann Ihnen kündigen (§ 111 InsO) mit den gesetzlichen Kündigungsfristen, unabhängig davon, was Ihr Mietvertrag zu Laufzeit und Kündigungsfristen sagt. Unbegrenzt Zeit kann der Käufer sich damit jedoch nicht lassen: „Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.” steht im Gesetz. Dazu weiter unten mehr.

Falls der Käufer sein Sonderkündigungsrecht nutzt, haben Sie Anspruch auf Schadenersatz gegen den ursprünglichen Vermieter. Das gilt etwa dann, wenn Ihnen nichts anderes bleibt, als in teurere Räume zu wechseln. Da der ursprüngliche Vermieter sich nun aber in Insolvenz befindet, folgt daraus leider nur, dass Sie sich mit Ihrer Forderung in die Schlange der Gläubiger einreihen dürfen. In den meisten Fällen sind da eher bescheidene Erwartungen angebracht.

Zwangsversteigerung

Der Insolvenzverwalter kann auch die Zwangsversteigerung als Weg zur Verwertung wählen. In vielen Fällen haben Gläubiger die Zwangsversteigerung auch schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeigeführt.

Während das  Zwangsversteigerungsverfahren läuft,  ändert sich am Verhältnis zwischen Ihnen und dem Vermieter erst einmal nichts: Miet- und Pachtforderungen werden von der „Beschlagnahme“ des Grundstücks nicht erfasst (§ 21 Abs. 2 ZVG). Anders sieht das aus, wenn vor der Zwangsversteigerung bereits eine Zwangsverwaltung der Immobilie (erweiterte Beschlagnahme)  in die Wege geleitet wurde. Dann überweisen Sie die Miete einschließlich von Vorauszahlungen sowie Betriebs- und Nebenkosten an den Zwangsverwalter.

Ihr Mietvertrag als solcher wird jedoch weder durch die Zwangsverwaltung noch durch ein Zwangsvollstreckungsverfahren berührt – er bleibt zunächst bestehen.

Angenommen, die Immobilie geht nun durch Zuschlag im Versteigerungsverfahren auf einen neuen Eigentümer über und dieser wird im Grundbuch eingetragen. Dann schlüpft er in die Rolle des Vermieters und setzt das bestehende Mietverhältnis fort. Auch hier gilt im Prinzip „Kauf bricht nicht Miete“.

Die Sache hat freilich einen Haken.  Dem Ersteigerer der Immobilie und neuen Eigentümer steht auch hier das Recht zu, das Mietverhältnis mit Ihnen unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zum ersten zulässigen Termin nach dem Zuschlag  zu kündigen – unabhängig davon, was in Ihrem Mietvertrag vereinbart worden ist (§ 57a ZVG).

Der erste zulässige Kündigungstermin

Sowohl der freihändige Käufer einer Immobilie während einer Insolvenz wie auch der Ersteigerer im Rahmen einer Zwangsversteigerung (egal ob im Insolvenzverfahren oder nicht) haben ein Sonderkündigungsrecht gegen Sie als Mieter, unabhängig davon, was in Ihrem Mietvertrag steht.

Für Gewerbemieter bedeutet das: Als erster zulässiger Kündigungstermin kommt gemäß § 580a Absatz 4 BGB, § 580a Absatz 2 BGB der dritte Werktag eines Quartals in Betracht. Gekündigt werden kann Ihnen dann zum Ablauf des nächsten Quartals. Unter dem Strich ergibt das, dass Sie vermutlich nach einem halben bis dreiviertel Jahr ausziehen müssen.

Anmerkungen:

Anmerkung 1: Etwas eingeschränkt hat diesen Grundsatz der BGH durch sein Urteil vom 05.07.2007, IX ZR 185/06. Danach bleibt der Mietvertrag nur dann aufrechterhalten, wenn zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Mieter die Mieträumlichkeiten bereits überlassen worden waren. Ist das noch nicht der Fall gewesen, muss der Insolvenzverwalter den Mietvertrag nicht erfüllen – er kann sich aber dafür entscheiden. Das ist gar nicht so unwahrscheinlich. Die Abwicklung von umfangreichen Insolvenzverfahren kann sich über Jahre hinziehen. In dieser Zeit liefert eine gut vermietete Immobilie viel Geld zur Insolvenzmasse.

Anmerkung 2: Auch als Gewerbemieter sollten Sie sich deshalb rechtzeitig beim Vermieter vergewissern, dass Ihre Mietkaution auch tatsächlich korrekt und gesetzeskonform angelegt wurde. Damit verhindern Sie im Insolvenzfall des Vermieters einen Totalausfall dieses Geldes.